Neue Westernserie
Erst Sklave, dann Marshal: Die erstaunliche Geschichte von Bass Reeves
Als er von der Verbrecherjagd heimkehrt, ist ein neues Baby da: US-Deputy-Marshal Bass Reeves (David Oyelowo) und seine Frau Jennie (Lauren E. Banks) in der neuen Westernserie „Lawmen: Bass Reeves“, die bei Paramount+ startet.
Quelle: Emerson Miller/Paramount+
Einem Mann gelingt die Flucht aus der Sklaverei, und er wird der erste schwarze Marshal in der Geschichte der USA. Taylor Sheridans Westernserie „Lawmen: Bass Reeves“ erzählt bei Paramount+ von einem Mann des Gesetzes, der nicht immer gleich den Revolver zieht.
Bass Reeves überlegt kurz, ob er sein Pferd wenden und vor dem „blauen Tod“ fliehen soll. Wie so viele der Südstaatengrauröcke, die sich aus der Falle des Waldes durch Desertieren befreien wollen. Doch dann folgt er seinem Master, Major Reeves und reitet auf eine Lichtung, um auf die Kanoniere der Yankees zu schießen. Nichts ist mehr gewiss als beider Tod, der des Offiziers und der seines Sklaven, der sich nicht einmal Soldat nennen darf. Da kommt in der letzten Sekunde, im Western ja stets der frühestmögliche Zeitpunkt, die graue, die rettende Kavallerie. Man schreibt das Jahr 1862 – es herrscht Bürgerkrieg in Amerika.
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Zurück in der stattlichen Südstaatenvilla verspricht der wankelmütige Master Reeves (Shea Whigham aus „Perry Mason“) seinem Sklaven Bass die Freiheit, wenn er ihn im Poker schlägt. Der Major spielt mit gezinkten Karten, kein Verlass ist auf das Wort eines Weißen. Bass schlägt daraufhin zu, erschlägt Reeves beinahe, und reitet davon, trifft unterwegs zu Lynchjustiz bereite Cowboys und tötet sie, um anderswo Besseres zu finden als den Tod und dann seine Frau Jennie zu holen.
Der Stern als Retter – Reeves ist als Farmer glücklos
Zeitsprung ins Jahr 1875: Als Farmer in Arkansas drückt Bass nach dem Bürgerkrieg den Pflug in die Erde, aber der Mais verbrennt ihm vor der Ernte. Und weil er inzwischen vier Kinder ernähren muss und ein fünftes unterwegs ist, nimmt er den Job an, den Deputy Marshal Sherill Lynn (Dennis Quaid) ihm anbietet. Ein First-Nations-Mann muss gestellt werden, und Reeves spricht die Sprache der Choctaw. Der Richter (Donald Sutherland) überreicht ihm bald danach den Stern. Eine Erfolgsgeschichte – der echte Reeves schnappte als Federal Peace Officer mehr als 3000 Verbrecher. Nur 14 starben dabei.
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David Oyelowo ist der Star der ersten Staffel der neuen Westernserie von Paramounts Seriengoldesel Taylor Sheridan („Yellowstone“ und Spin-offs, „Mayor of Kingstown“). Jede weitere Staffel soll einem bedeutsamen Gesetzeshüter oder ‑brecher gewidmet werden. Die auf zwei Büchern einer Trilogie über Bass beruhende erste Staffel ändert die Biografie des formidablen Schützen und herausragenden Detektivs, dort wo es dramaturgisch geboten scheint. Die Figur wirkt schlüssig.
Oyelowo (zuletzt in der Sci-fi-Serie „Silo“ von AppleTV+ schon unterirdisch als Sheriff unterwegs) macht sich gut im Sattel und mit der Winchester im Anschlag. Der Brite spielt Reeves als Mann des Friedens, der seine Frau als gleichberechtigt ansieht, seine Kinder liebt und vehement für Diversität und Gerechtigkeit für alle eintritt. „Ich sehe keine Wilden. Nur Menschen“, bescheidet er dem rücksichtslosen Begleiter Lynn.
Im Wilden Westen ist Deputys, die Sanftmut zeigen, auf Deeskalation durch Gespräch setzen, kein langes Leben beschieden. Wie man sieht, bestätigen Ausnahmen die Regel.
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Drei der acht Episoden wurden den Medien vorab zur Ansicht gewährt. Und bis dahin scheint es, als stünde das schwierige Leben der Reeves-Familie als Schwarze im rassistischen Amerika des späten 19. Jahrhunderts im Mittelpunkt. Reeves fängt Gesuchte und muss erleben, dass das weiße Justizsystem auch in Fällen, in denen differenziertere Draufsicht nötig wäre, nur „Aufhängen am Hals, bis der Tod eintritt“ kennt. Erst recht, wenn Schwarze auf der Anklagebank sitzen. Das Echo der Sklaverei, das bis heute hallt.
Das alles erscheint zu Beginn etwas zaghaft, aber von Sheridans jüngster Serie, dem Spionagedrama „Lioness“ her weiß man, dass der Texaner und sein Team auch anfänglich eher ruhige Geschichten dramatisch zu entfalten wissen. Mit dem Verschwinden deutscher Postkutschenreisender nach dem Überfall durch Banditen zeichnet sich auch ein großer Spannungsbogen ab. Und dann wird sich ganz sicher noch die Vergangenheit regen.
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Einstweilen ist es die Sheridan-typische eruptive Gewalt, hier meist aus Trauma, Hass und Rachewunsch geboren, die den Zuschauer immer wieder wachrüttelt. Wie One Charlie, vielfacher Straftäter aus dem Volk der Choctaw, zu Tode kommt, ist an Grausamkeit kaum zu übertreffen. Reeves gibt ihm den Gnadenschuss und gesteht Charlies Cousine, die Art seines Sterbens täte ihm leid.
„Jeder Mann, der mit dem Tod flirtet“, entgegnet die von Reeves’ Mitleid überraschte Frau, „weiß, dass er ihn am Ende küsst.“
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„Lawmen: Bass Reeves“, Serie, acht Episoden, von Taylor Sheridan, mit David Oyelowo. Lauren E. Banks, Demi Singleton, Dennis Quaid, Forrest Goodluck, Barry Pepper, Mo Brings Plenty, Donald Sutherland (ab 5. November bei Paramount+)