Niwaki: So funktioniert die japanische Formschnitt-Kunst (2024)

Niwaki ist das japanische Wort für "Gartenbäume". Gleichzeitig ist mit dem Begriff auch der Vorgang ihrer Gestaltung gemeint. Ziel der japanischen Gärtner ist es, durch Niwaki Gehölze so zu schneiden, dass sie Strukturen und Atmosphäre in ihrem Umfeld schaffen. Das soll vor allem dadurch geschehen, dass sie "reifer"und älter wirken, als sie eigentlich sind. Diesen Effekt versuchen die Gärtner mit einem Schnitt sowie Biegen der Äste und Stämme zu erzielen. Das Erscheinungsbild von Niwaki ähnelt denen von Bonsais. Die Gehölze werden intensiv geschnitten, im Gegensatz zu Bonsais sind Niwaki aber – wenigstens in Japan – stets ausgepflanzt.

Wie sehen Gehölze im Niwaki-Stil aus?

Entstehen soll das Idealbild eines Baums, wie er etwa stilisiert in Zeichnungen dargestellt wird. Wuchsformen, wie sie in der Natur auftreten – etwa vom Blitz getroffene oder von Wind und Wetter gezeichnete Bäume, sind Vorbilder für die Gestaltung der Gehölze. Dabei streben die japanischen Gärtner nicht symmetrische Formen an, sondern "asymmetrische Ausgeglichenheit": Eine strenge Kugelform wird man in der japanischen Schnittkunst eher nicht finden, eher weichere, ovale Umrisse. Vor dem Hintergrund weißer Mauern und Steinflächen kommen diese organischen Formen besonders gut zur Geltung.

Welche Pflanzen sind als Niwaki geeignet?

Nur bestimmte Gehölze vertragen diese Art der Kultur. Dabei muss grundsätzlich zwischen Gehölzen unterschieden werden, die nach einem Rückschnitt aus dem alten Holz wieder ausschlagen können, und solchen, deren Ausschlagvermögen auf den Grünbereich beschränkt ist. Die Behandlung wird entsprechend darauf abgestimmt. Die Japaner arbeiten gern mit heimischen Baumarten wie Kiefern (Pinus) und der Sicheltanne (Cryptomeria japonica), aber auch Ilex, Japanische Eibe und Europäische Eibe, Liguster, viele immergrüne Eichen, Kamelien, Japanische Ahorne, Zierkirschen, Weide, Buchs, Wacholder, Zedern, Azaleen und Rhododendron sind geeignet.

Niwaki: So geht man beim Schnitt vor

Gearbeitet wird zum einen an erwachsenen Bäumen – diese Methode nennt man "fukinaoshi", was so viel wie "umformen"bedeutet. Man reduziert die Gehölze dabei auf ein Grundgerüst von Stamm und Hauptästen und baut sie dann neu auf. Dazu entfernt man in einem ersten Schritt tote, beschädigte Äste sowie alle Wildlinge und Wasserreiser. Dann wird der Stamm oberhalb eines Seitenastpaares gekappt und die Zahl der Hauptäste reduziert. Dadurch soll die Struktur des Stamms sichtbar werden. Anschließend kürzt man alle verbliebenen Äste auf eine Länge von ungefähr 30 Zentimetern ein. Es dauert etwa fünf Jahre, bis ein "normaler"Baum in einen Niwaki beziehungsweise Gartenbonsai umgestaltet ist und man mit diesem weiterarbeiten kann.

Werden jüngere Bäume als Niwaki erzogen, so werden sie jedes Jahr ausgedünnt und zusätzlich die Äste eingekürzt. Um ihnen bereits früh die Anmutung höheren Alters zu geben, werden die Stämme gebogen. Dazu wird ein junger Baum beispielsweise schräg eingepflanzt und anschließend der Stamm mithilfe eines Pfahls in wechselnde Richtungen – fast zickzackartig – gezogen. Im Extremfall kommt es zu rechtwinkligen Knicken: Dazu entfernt man den Leittrieb, sodass ein neuer Ast dessen Funktion übernimmt. Dieser wird dann in der folgenden Saison wieder zur Mitte der Achse gelenkt.

Egal ob beim alten oder jungen Baum: Jeder Austrieb wird wieder eingekürzt und ausgelichtet. Der Rückschnitt regt das Gehölz jeweils zu einer Reaktion an.

Niwaki: So funktioniert die japanische Formschnitt-Kunst (4)

Niwaki sind ein besonderer Blickfang im Japangarten

Zusätzliche Maßnahmen

In jedem Alter der Gehölze werden oft die Seitenäste gebogen oder – wenn das wegen der Dicke nicht mehr möglich ist – mit Stöcken in die gewünschte Richtung gelenkt. Meist ist eine horizontale oder eine Ausrichtung nach unten das Ziel, da herabhängende Äste für alte Bäume oft typisch sind. Zusätzlich wird auch das Laub ausgedünnt und ausgezupft, so werden bei den Immergrünen beispielsweise konsequent abgestorbene Nadeln oder Blätter entfernt.

Bei Bäumen wie Kiefern, deren Reaktionsfähigkeit des alten Holzes gegen Null geht, arbeitet man vor allem an den Knospen. Diese werden ganz oder teilweise ausgebrochen, in einem nächsten Schritt werden die neuen Knospen reduziert und die Nadeln ausgedünnt. Diese Vorgehensweise wird jedes Jahr wiederholt.

Niwaki: Wann schneidet man die Gehölze?

  • Um ein Gehölz in einen Niwaki zu verwandeln, beginnt man bereits im zeitigen Frühjahr, wenn die stärksten Fröste vorüber sind, im Frühsommer und Herbst wird nachgearbeitet.
  • Eine bestehende Form wird man im April oder Mai und ein zweites Mal im September oder Oktober zuschneiden.
  • Viele Niwaki-Gärtner arbeiten nicht zu festgesetzten Terminen oder Perioden, sondern ständig an ihren Bäumen, denn die "Werkstücke"sind niemals abgeschlossen.

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